Montag, 15. Juni 2009

der wunsch zu sterben


ich hatte den wunsch zu sterben.

also wurde mir gesagt, ich solle mir vorstellen zu sterben.

und ich habe mir vorgestellt, einzuschlafen und zu sterben.

und ich bin gefallen, gesunken.
in eine schlucht.
erst war es eine schlucht, die mir bekannt erschien, eine schlucht, an deren ende aus der höhe stürzendes wasser einen fall bildete, eine schlucht, in der ich schon als kind gespielt und herumgeklettert war.
dann veränderte sich die schlucht, sie wurde enger, die wände steiler, fast senkrecht.
erst waren sie kahl, graues gestein.
dann wurde es in der schlucht kalt, feucht, nebelig.
an den steinwänden wuchsen moose, farne, der nebel wurde immer dichter.
und ich bin gesunken, nicht gefallen oder gestürzt, sondern gesunken.
langsam, tiefer, immer tiefer, durch das unergründliche grau des nebels.
manchmal wurde der nebel kurzzeitig lichter, ich konnte wieder die moos- und farnbewachsenen glatten felswände wahrnehmen.
und bin gesunken ... lange ... sehr lange ... ewig ...

und bevor ich meinte, nichts mehr wahrzunehmen, nicht die schlucht, nicht das sinken, die kälte, die feuchtigkeit, den nebel,
da verschwand der nebel
es wurde trockener
es wurde wärmer
ich hatte aufgehört zu sinken,
war nicht mehr inder schlucht

sondern

lag auf einer wiese.

es war keine besondere wiese, einfach eine wiese.
auf einer seite irgendwo eine strasse, dahinter ein wald,
auf der anderen seite häuser, menschen, leben,
vor mir wohl eine stadt irgendwo,
über mir blauer himmel, ein paar wolken, ein kondensstreifen.

es machte keinen sinn zu sterben.

es würde nichts verändern.



[by a.k, 2009; alle rechte vorbehalten]